„Es hatte so traumhaft angefangen mit Frank. Als wir uns im Internet kennenlernten, war ich gerade tief enttäuscht von Männern und wollte nur mal gucken, ob es tatsächlich nur Arschlöcher auf diesem Planeten gibt. Frank gab mir von Anfang an das Gefühl, dass er nur auf mich gewartet hatte und ich seine Traumfrau sei. Wir schrieben eine Weile hin und her und schnell kam es zum ersten Treffen. Er war so charmant, half mir aus dem Mantel, rückte mir den Stuhl zurecht, strahlte mich an. Ich hatte mich noch nie so verstanden und angenommen gefühlt so wie ich war.

 

Von da an redeten wir die Nächte durch und verbrachten Tage lang im Bett. Anfangs störte mich auch nicht, dass es nur maximal drei Tage die Woche waren, die wir uns sahen. Der Arme hatte ja soo viel zu tun und war chronisch gestresst. Und dauernd diese Dienstreisen quer durch Deutschland, da konnte ich doch nicht erwarten, dass er dann noch viel weiter fährt, um mich öfter zu sehen. Mir fiel auch nicht auf, dass ich auch nach Monaten Beziehung noch keinen Menschen aus seinem Umfeld kennengelernt hatte, er versuchte es ja dauernd, aber immer kam was dazwischen. Er hatte oft Unfälle und es ging ihm auch gesundheitlich nicht gut und er klagte immer häufiger über seine Beschwerden, vor allem immer dann, wenn ich mich darüber beschwerte, dass er so selten da war oder ich endlich seine Eltern kennenlernen wollte.

 

In seiner Wohnung waren wir nie, angeblich sei da zu wenig Platz und er wollte mir die Unordnung nicht zumuten. Ich dachte mir nichts dabei, zunächst, denn wenn er da war, war ich auf Wolke 7, weil er mich so sehr verwöhnte. Er sprach immer von der Zukunft und dass er mit mir auswandern und den ganzen Stress hinter sich lassen wollte. Ich sollte nur noch ein bisschen aushalten bis dieses oder jenes Projekt, dieser Auftrag etc. etc. beendet wäre, dann hätte er alle Zeit der Welt für mich.

Diese Zeit kam nie.

Viel später erfuhr ich, dass ich das Opfer eines Narzissten geworden war, der seine Ehefrau mit mir betrog. Dass alle Dienstreisen, die Geschichten über seine Freunde, seine Unfälle und Krankheiten sämtlich gelogen waren und er in der Zeit, in der er nicht bei mir war, den liebenden Ehegatten spielte.“

 

 

Er half mir viel bei Dingen, die ich nicht so gern machte wie z.B. die Steuererklärung, sagte mir aber zunehmend, wie sehr ihn das stresste, dass er zu seinem eigenen auch noch meinen Kram machen müsste, aber dass ich dazu wohl leider nicht in der Lage sei. Hieß es anfangs noch ‚Schatz, komm das mach ich doch gerne für dich, das ist doch nicht dein Ding’ kam irgendwann im Streit ‚da bist du ja auch zu blöd für’. Sukzessive verlor ich so meine Autonomie und fühlte mich immer abhängiger, unsicherer und unbeholfener.“

 

 

Ich kann es ihm einfach nicht recht machen, egal was ich versuche. Er fängt aus Kleinigkeiten Streit an und gibt mir immer das Gefühl seinen Ansprüchen nicht zu genügen. Ständig meckert er dass ihm irgendwas z.B. im Haushalt nicht gefällt und wenn ich es ändere, will er es wieder anders. Immer habe ich das Gefühl nicht gut genug zu sein für ihn.  Wenn ich ihn dann damit konfrontiere, heißt es immer das hätte er nie gesagt und er dreht mir das Wort im Mund um. Am Ende glaube ich dann immer was er sagt – dass ich paranoid bin und mir das alles nur einbilde.“

 

 

„Als ich Jan kennenlernte, war ich total geflashed von der Art wie er mit mir umging. Er machte mir ständig Komplimente, sagte mir schon in der ersten Nacht, dass er mich liebt und machte mir nach der ersten Woche einen Heiratsantrag. Schnell kam jedoch zu Tage, dass er psychische Probleme hatte über die er nicht reden wollte. Er hatte dauernde Stimmungsschwankungen, von himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt. Wenn er down war, tat er dann immer sehr geheimnisvoll, wollte nicht raus mit der Sprache. Es sei ein Trauma und er könnte sich diesbezüglich nicht öffnen, das hätte ihn schon mal in die Psychiatrie gebracht. Ihm sei Übles geschehen in der Vergangenheit, ich solle ihm nur Zeit geben und Geduld haben, dann würde er mittels einer Therapie daran arbeiten. Irgendwann fand ich heraus, dass er dort nie hingegangen ist und heimlich Drogen nahm, was zu seinem ständig veränderten Verhalten führte.“

 

 

Moritz ist sehr gepflegt, er legt großen Wert auf sein Äußeres, sein Auto etc, es ist ihm sehr wichtig wie er nach Außen wirkt und was andere von ihm denken. Dass er nicht geschafft hat, die große Karriere zu machen, setzt ihm häufig zu, dann betäubt er sich mit Alkohol und ist oft tagelang nicht ansprechbar oder er ist aggressiv und gereizt und macht mich runter, obwohl ich ihm doch helfen will.“

 

So oder ähnlich klingen die Geschichten von Menschen, die Opfer eines narzisstischen Partners geworden sind. Statistisch gesehen leiden Männer häufiger an einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung als Frauen, aber sie kommt dennoch auch bei Frauen vor. Der Einfachheit halber nutze ich hier die männliche Form, es betrifft aber ausdrücklich beide Geschlechter.

 

 

Was ist Narzissmus?

Züge aller Persönlichkeitsstörungen weisen fast alle Menschen auf. In der Regel sind diese aber beherrschbar und nicht in klinischer Ausprägung vorhanden. Dieser Artikel behandelt die narzisstische Persönlichkeitsstörung, die von Jugend an vorhanden ist und sich durch folgende Merkmale kennzeichnet:

  • egoistisches, selbstbezogenes Verhalten
  • Glauben an die eigene Großartigkeit
  • überhöhter Anspruch an andere
  • Unfähigkeit Empathie zu empfinden
  • Sucht nach Anerkennung und Aufmerksamkeit
  • Unfähigkeit zu Reflexion und Veränderung

 

Dem Narzissten ist allerdings bewusst, dass er diese Denkweise nicht offen darlegen darf, wenn er seine Ziele erreichen will. Er lernt daher schon früh im Leben, dass er Menschen damit manipulieren kann, indem er Gefühle und echtes Interesse heuchelt. Da ihm egal ist, ob sein Umfeld darunter leidet, wird er sich deshalb häufig Lügen bedienen, um den Partner zunächst zu beeindrucken, dann zu betrügen oder andere Dinge zu tun, die dieser nicht akzeptieren würde, wenn er davon wüsste.

Reue, Mitleid oder ein schlechtes Gewissen ist ihm fremd, er findet sich selbst so großartig und als ein Gottes Geschenk an die Menschheit, dass das in seinen Augen alles andere rechtfertigt. Er wird sich immer größer, eloquenter, erfolgreicher darstellen als er wirklich ist. Mit seinem oft umwerfenden Charme wickelt er mühelos alle Menschen ein, die ihm begegnen und er hat Antennen dafür, wer sich besonders dafür eignet seine manipulativen Spielchen mitzuspielen.

Frauen mit bereits angeschlagenem Selbstwert oder einem Helfersyndrom eignen sich hervorragend, um seine Sucht nach ständiger Anerkennung und seine überhöhten Ansprüche zu erfüllen deshalb ziehen sich diese Counterparts oft gegenseitig an, mit ungutem Ergebnis.

In Teil 2 klären wir, ob man mit einem Narzissten leben kann.